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Takers waren die gewissenlosen Egoisten, die bereit sind, andere kategorisch für den eigenen Vorteil auszunutzen. Matchers waren demnach der Mainstream, der sich situativ anpasst und manchmal zum Giver und manchmal zum Taker werden kann – abhängig vom Gegenüber oder auch abhängig von der sich stellenden Aufgabe.

Wir hatten über die selbstlosen Givers festgehalten, dass ihr Umfeld darüber entscheidet, ob sich die Selbstaufopferung für die Organisation lohnt oder nicht. Solange nicht ein Taker-Umfeld den Giver immer wieder ausnutzt, haben solche Charaktere das Potenzial, zum Zugpferd einer ganzen Firma zu werden. Dass die Giver/Taker/Matcher-Unterteilung erstmal herzlich wenig mit der Liebe zu tun hat und Organisationssoziologie ebenfalls nicht dazu geschaffen wurde, um Romantik nachzuvollziehen, ist klar. Dennoch lässt sich dieser Theorieansatz auf Beziehungen anwenden. Hier anknüpfend wollen wir uns deshalb heute einmal mit Givers, Takers und Matchers in der Liebe auseinandersetzen. Diese Unterteilung ist nämlich nicht nur auf unsere Jobs anwendbar, sondern auch auf unsere individuelle Art, Beziehungen zu führen. Es wäre sehr spannend, empirisch zu überprüfen, ob sich Adam Grants Zahlen über das Verhältnis von Takers (19%), Givers (25%), Matchers (56%) auch in Beziehungen bestätigen lassen würden. Leider fehlen dafür aber noch die nötigen Erhebungen. Hier hilft uns vielleicht der auf Adam Grants Theorie aufbauende Beitrag von Emma M. Seppälä, die für Psychology Today einen ähnlichen Ansatz verfolgte.

Takers in der Liebe kennen wir schon unter einem anderen Begriff – „Players“. Mehr über Player-Persönlichkeiten finden Sie in unserem Artikel zu den Männertypen. Liebe und tolle Beziehungen bestehen immer aus einem Geben und einem Nehmen – also einem gegenseitigen Matching. Und das ist auch das Problem, welches Taker-Persönlichkeiten langfristig aufbauen. Wer den Partner nur dann braucht, wenn er/sie gerade Lust dazu hat, bewegt sich klar auf dem Gebiet der Ausnutzung. Während waschechte Player andere also nur solange umgarnen, bis sie mit ihnen im Bett gelandet sind, können manche Taker-Charaktere durchaus langanhaltende Beziehungen eingehen. Meistens sind das die Beziehungen, die einen der Partner unterdrücken.

Frauen mit einem ausgeprägten Taker-Charakter suchen sich daher gern Pantoffeltierchen als Gatten, oder sie machen einen Alpha-Mann mit der Zeit zu einem Pantoffeltierchen. Männliche Takers sind nicht selten jene Familienpatriarchen, deren Entscheidungen unumstößlich wie Naturgesetze gelten. Geht es einmal nicht nach ihrem Willen, werden sie sehr schnell ungemütlich. Stück für Stück wird jeder Widerstand des Partners durch einen Taker-Charakter gebrochen, bis der Taker die nicht mehr hinterfragbare Kontroll- und Entscheidungsinstanz in der Beziehung beansprucht.

Bekommen Taker in der Liebe also ihren Willen? Meistens ja, zumindest für eine Weile… Leiden die Partner unter einem Taker in der Liebe? Ja, fast immer! Auf jeden Fall entspricht dies nicht der Definition einer funktionalen Verantwortungsgemeinschaft, die auf gegenseitigem Commitment und echter Liebe aufbaut. Andererseits gibt es jedoch auch echte Beziehungs-Giver, die zwar enormes Commitment beweisen, aber gleichzeitig maximal unsympathisch sein können. Auch in Beziehungen kennen wir solche Menschen – manche nennen es „liebevolle Strenge“ oder beschreiben es mit dem Spruch „harte Schale, weicher Kern“.

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Was können wir daraus nun lernen? Theoretisch klingt alles so fürchterlich einfach. Lasse dich nicht mit Takers ein! Falls du doch einem Taker-Charakter auf den Leim gegangen bist, beende die Beziehung… in der Praxis ist das manchmal gar nicht so leicht zu definieren. Das liegt an den Fakers (den freundlichen Takers). Wie in Teil Eins dieser Reihe beschrieben, gibt es Taker-Charaktere, die extrem freundlich und umgänglich sind und dennoch ihr Umfeld geschickt ausnutzen.

Der Organisationsforscher Adam Grant schon darauf hingewiesen, dass es mitunter gar nicht so einfach ist, einen freundlichen Taker zu entlarven. Es sind halt nicht immer die grummeligen Egoisten, denen man die Taker-Charakterzüge gleich am Gesichtsausdruck ablesen kann. Ganz im Gegenteil. Viele Faker sind extrem freundlich, solange ihr Plan aufgeht und man ihren Wünschen entspricht. Auch in der Liebe sind Faker-Persönlichkeiten jene Menschen, die lediglich richtig gut darin sind, dem Partner vorzugaukeln, dass sie eine glückliche Beziehung führen. Nebenbei ziehen sie aber unbehelligt ihr eigenes Ding durch – meistens eine/mehrere heimliche Affäre(n). Ebenso kann es schon vorkommen, dass Ihr Faker-Partner Ihnen regelmäßig das Blaue vom Himmel verspricht, davon jedoch niemals etwas einhält oder Sie sogar hinterlistig belügt, um die eigene Fassade aufrecht zu erhalten.

Eine Extremform der Taker sind Psychopathen, so Grant. Obwohl sich das bei Psychopathen oft schwierig gestaltet, gibt es zum Glück einen praktischen Trick, um Faker zu entlarven. Dafür können wir uns die gespielt-freundliche Natur der Faker zu nutzen machen. Es ist ja nur eine Fassade – eine Alltagsmaske, wenn Sie so wollen. Faker sind Meister der Täuschung und können mit dem ersten Eindruck sehr einfach spielen. Wer einen Faker-Charakter entlarven möchte, sollte sich anschauen, wie dieser Leute behandelt, die ihm/ihr nichts zu bieten haben. Meistens wird ein Faker nämlich solche Menschen ignorieren oder signifikant schlechter behandeln, als jene, die ihm/ihr noch nützlich sein können, um die eigenen Ziele zu verwirklichen. Vermutlich ist ein Faker also extrem freundlich zu Vorgesetzten, während niedrige Positionen keine Chancen darauf haben, auch nur ein Lächeln zu bekommen. Ein Giver ist zu allen in der Firma freundlich und ein Matcher spiegelt den Gegenüber, ebenfalls unabhängig von Position und Prestigelevel.

Was kann man denn mit Takers oder auch Fakers in einer Beziehung anfangen? Naja… tendenziell erst mal wenig. Es klingt zwar zunächst logisch zu konstatieren, dass ein Taker sich einen Giver-Charakter suchen sollte, ist es aber nicht. Hätte doch schön gepasst – der eine will nur geben, der andere kann nur nehmen. Leider ist das falsch. Die Organisationssoziologie von Adam Grant zeigte uns bereits, dass ein Giver, der merkt, dass er/sie einen Taker oder Faker vor sich hat, alles daran setzen wird, um dessen Pläne zu durchkreuzen. Vielleicht kennen Sie auch diesen einen Schulkameraden von früher, der immer Ihre Hausaufgaben abschreiben wollte. Die ersten paar Male haben Sie auch noch bereitwillig Ihre Ergebnisse geteilt, aber irgendwann haben Sie dann gemerkt, dass Sie keinerlei Gegenleistung zu erwarten haben und sie haben den Schulkameraden nicht mehr abschreiben lassen. Für eine funktionale Liebe ist dies also keine so tolle Konstellation, denn es wird früher oder später darin münden, dass der Giver sich ausgenutzt fühlt und es nicht mehr einsieht, von sich abschreiben zu lassen. Der Faker wird dann ebenso bereitwillig verschwinden, weil es ja beim Giver nichts mehr zu holen gibt.

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Empfehlenswerte Partner sind die Matcher, welche sich situativ für Taker- oder Giver-Positionen entscheiden können. Kommen Sie einem Matcher blöd, wird dieser Ihnen meist noch blöder kommen. Behandelt man einen Matcher aber anständig, wird er/sie auch das spiegeln. Eine sehr gute Grundlage für eine ausgewogene und zielorientierte Streitkultur, aber auch für geteilte Momente, die unvergesslich schön sein können. Wenn Matcher sich in einer Beziehung einbringen, erwarten sie vom Partner, dass dieser das genau so macht. Macht man ihnen eine Freude, kann man sich darauf verlassen, alsbald eine Gegenleistung zu erhalten.

Giver und Matcher kommen ebenfalls meistens gut miteinander aus, obwohl es den Partner irgendwann auch nerven kann, wenn der Giver sich immer allen anfallenden Problemen annimmt. Etwaige Schwierigkeiten in einer Beziehung beziehen sie zudem sehr schnell auf sich selbst. Matcher-Partner fühlen sich dann oft stark bemuttert, womit nicht jeder gut umgehen kann. Hier kann es allerdings (wie im Büro auch) eine vernünftige Strategie sein, solchen Charakteren aufzuzeigen, dass sie durchaus ebenfalls das Recht haben, Ansprüche einzufordern. Vergessen Sie jedoch nie, dass auch aus einem Giver-Charakter ein Matcher oder sogar Taker werden kann… und ebenso umgekehrt. Verzogene Kinder haben auch nur über Jahre gelernt, dass ihren Wünschen entsprochen wird, egal wie bescheuert diese sind. Es liegt also sowohl an der eigenen Einstellung, als auch am Umfeld, wenn ein Matcher zu einem Taker wird. Diese Unterteilung eignet sich hervorragend für kleine Gedankenspiele: Stellen Sie sich zwei Taker vor, deren höchstes Ziel es ist, sich gegenseitig den Tag zu versauen… aber zurück zum Modell.

Adam Grant wollte mit seiner Unterteilung grundsätzlich auf Paranoia hinaus, die früher oder später durch die Takers erzeugt wird. Das trifft auch für die Liebe zu. Wer im Beziehungspartner erst die Taker-Fascette erkannt hat, wird das eigene Commitment zurückfahren und dessen zukünftiges Verhalten immer mit einer gewissen Skepsis und einer guten Portion Vorsicht begutachten. Man kann ja nicht wissen, was wahr und was nur vorgetäuscht ist… das sorgt für paranoide Vermutungen hinter allem was der Taker sagt, tut oder will. Im Extremfall erwarten Betroffene quasi schon einen Hintergedanken, selbst wenn der Taker doch einmal mit einer selbstlosen Idee um die Ecke kommt.

Das absolute Gegenteil von Paranoia, also Pronoia (Grant hatte es als die wahnhafte Unterstellung formuliert, dass andere uns etwas Gutes wollen). Das kommt durchaus nah an die Definition einer vertrauensvollen Beziehung heran. Wir müssen uns nicht fragen, ob unser Partner es gut mit uns meint – wir wissen einfach, dass es so ist. Wenn beide dies wechselseitig bestätigen können, reden wir von einer vertrauensvollen Liebesbeziehung… oder zumindest von einer tiefen Freundschaft, bei der man sich blind aufeinander verlassen kann.

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Sind denn nun Giver oder Matcher die besseren Partner? Naja… kategorisch kann man das nicht sagen, weil jede Beziehung individuell ist und sich ausschließlich durch das Zusammenspiel zweier Charaktere definiert. Von der Theorie abgeleitet, könnte man die Matcher als Gewinner dieser Gleichung ansehen, aber auch ein Giver-Partner hat erstmal sehr gute Chancen darauf, andere dauerhaft glücklich zu machen, ohne sich dabei ausnutzen zu lassen. Wir können lediglich sicher sein, dass Taker-Persönlichkeiten uns mit hoher Wahrscheinlichkeit unglücklich machen werden. In Unternehmenskulturen waren viele Giver entweder unterdurchschnittlich schlecht oder überdurchschnittlich gut – darüber bestimmte ihr Umfeld, dass sie entweder förderte oder ausnutzte.

In der Liebe ist das ähnlich: Manche Givers sind echte Traumpartner, andere hingegen nur laufende Katastrophengebiete. Aber woran unterscheiden sie sich? Genau dort, wo sie sich auch im Job unterscheiden – durch das Umfeld. Ein Giver, der klug auswählt, mit wem er/sie sich abgibt, wird sich in den meisten Fällen positiv entwickeln. Wem dieses Gespür fehlt, neigt leider stärker dazu, einem Taker/Faker auf den Leim zu gehen und sich (durch die eigene Gutmütigkeit) ausnutzen zu lassen. Also sind jene Givers die Gewinner der Gleichung, die erfolgreich die Takers in ihrem Umfeld benennen und meiden können. Giver-Persönlichkeiten haben das größte Potenzial auf eine stabile Langzeitbeziehung. Wer das Gefühl kennt, dass man sich trotz aller Bemühungen für nicht gut genug für den Partner hält, beschreibt ein klassisches Giver-Problem. Zuguterletzt können wir also konstatieren, dass nach Grants Modell die glücklichsten Beziehungen entstehen, wenn sich zwei Giver-Charaktere ineinander verlieben, so Emma M. Seppälä nach Rücksprache mit dem Organisationsforscher.

Quellen

TED „Are you a giver or a taker? | Adam Grant“ Beitrag aus der TED-Reihe. Am 24.01.2017 von „TED“ auf Youtube hochgeladen.

https://www.youtube.com/watch?v=YyXRYgjQXX0

Seppälä, E. M. „The Best Kept Secret to a Successful Relationship“. Psychology Today vom 04.11.2013.

URL: https://www.psychologytoday.com/us/blog/feeling-it/201311/the-best-kept-secret-highly-successful-relationship