Datingkultur im digitalen Zeitalter
Trotz der unendlichen Möglichkeiten der digitalisierten Welt lässt sich unser menschliches Verlangen nach Nähe und echten Begegnungen nicht einfach auf die heutige Datingkultur übertragen.
Wir haben die Möglichkeit, in kürzester Zeit mit anderen Menschen in Kontakt zu treten – selbst mit Personen am anderen Ende der Welt. Doch diese technischen Errungenschaften haben Dating nicht unbedingt leichter gemacht. Stattdessen scheint unsere Art, Beziehungen aufzubauen, fragiler und unverbindlicher geworden zu sein. Stimmt es also, dass Dating tatsächlich ausstirbt?
Dating im Wandel der Generationen
Der Autor und Dating-Coach Kevin Carr vergleicht in seinem TEDx-Talk die heutigen Erwartungen an Beziehungen mit denen früherer Generationen. Seine Analyse überrascht:
- Die Werkzeuge, mit denen wir Beziehungen suchen und gestalten, ändern sich ständig.
- Nicht die Technik ist schuld am Wandel der Datingkultur – sondern wir selbst, die Nutzer.
- Apps wie Tinder, Bumble oder Match sind nur Hilfsmittel. Entscheidend bleibt, wie wir sie einsetzen.
Carr betont: Es sind nicht die digitalen Plattformen, die Dating oberflächlicher machen, sondern die Art, wie wir sie nutzen.
Von festen Beziehungen zu „Situationships“
Ein klarer Unterschied zeigt sich besonders bei der Millennials-Generation, die heute die größte Gruppe aktiver Datender stellt – von ihnen sind nur etwa 26 % verheiratet.
Statt fester Partnerschaften dominieren flexible Beziehungsmodelle:
- Situationships: Beziehungen, die perfekt an die aktuelle Lebenssituation angepasst sind, aber kaum langfristige Verbindlichkeit bieten.
- Freundschaft Plus oder lockere Verbindungen, die weder als klassische Beziehung noch als reine Affäre gelten.
Während frühere Generationen klare Muster und gesellschaftliche Erwartungen kannten – etwa das klassische erste Date im Elternhaus – sind heute kurze Treffen bei Starbucks oder digitale Video-Dates die Norm.
Dating im Zeitalter von Social Media

Die Zahl der Social-Media-Nutzer überschritt 2016 die Marke von 2 Milliarden Menschen. Das bedeutet: Mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung kommuniziert heute über digitale Plattformen.
Dieser Trend wächst weiter und verändert auch unsere Datinggewohnheiten:
- Chats und Video-Calls ersetzen das erste persönliche Treffen.
- Virtuelle Kontakte erleichtern das Kennenlernen, können echte Nähe jedoch nicht ersetzen.
- Viele junge Menschen gewöhnen sich daran, Intimität über Apps zu erleben, statt über reale Begegnungen.
Carr warnt davor, Dating ausschließlich in die digitale Welt zu verlagern: Wer zu lange in virtuellen Kontakten verharrt, läuft Gefahr, echte soziale Verbindungen zu vernachlässigen.
Langzeitstudien: Warum echte Beziehungen entscheidend sind
Eine der bedeutendsten Erkenntnisse stammt aus einer über 75 Jahre laufenden Harvard-Studie. Die Forscher stellten fest:
- Der Schlüssel für ein langes, glückliches Leben liegt in bedeutungsvollen Beziehungen.
- Menschen mit starken sozialen Netzwerken sind gesünder, zufriedener und leben länger.
Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Online-Dating zwar Türen öffnen kann, echte Face-to-Face-Kontakte aber unverzichtbar bleiben.
Stirbt Dating wirklich aus?
Carr kommt zu einem klaren Schluss: Dating stirbt nicht aus. Es verändert lediglich seine Form. Das Ziel bleibt unverändert: Menschen suchen Nähe, Liebe und Beständigkeit.
Seine Empfehlung:
- Digitale Möglichkeiten wie Tinder & Co. können wertvolle Hilfsmittel sein.
- Entscheidend ist, sie verantwortungsvoll zu nutzen.
- Wer über Online-Plattformen interessante Menschen kennenlernt, sollte schnell reale Treffen vereinbaren.
Nur durch persönliche Begegnungen entsteht die Tiefe, die Beziehungen langfristig trägt.
Video: Kevin Carr bei TEDx
Wer seine Analyse selbst hören möchte, sollte sich Kevin Carrs TEDx-Vortrag Dating Is Dead ansehen. Darin erklärt er, warum Dating nicht verschwindet, sondern sich lediglich verändert – und welche Chancen das für uns alle birgt.
Quellen
- Kevin Carr: Dating Is Dead | TEDxWilmington Salon, 2017
- Sequoia Blodgett: How to Date in the Digital Age, Black Enterprise, 10.04.2017
Stirbt Dating wirklich aus?
Nein. Dating verändert sich durch Digitalisierung, bleibt aber ein zentrales Element menschlicher Beziehungen.
Warum wirkt Online-Dating oft oberflächlich?
Apps wie Tinder oder Bumble fördern schnelle Entscheidungen. Ob daraus echte Nähe entsteht, hängt von der Haltung der Nutzer ab.
Was sind „Situationships“?
Das sind lockere, flexible Verbindungen, die nicht klar als Beziehung definiert sind. Sie spiegeln den Wunsch nach Freiheit, können aber auch Unsicherheit erzeugen.
Welche Rolle spielen soziale Medien beim Dating?
Sie erleichtern das Kennenlernen, können persönliche Begegnungen aber nicht ersetzen. Zu viel digitale Interaktion kann echte Nähe erschweren.
Wie gelingt Dating im digitalen Zeitalter?
Digitale Kontakte sollten in reale Treffen überführt werden. Nur so entstehen stabile Beziehungen, die unser Leben positiv beeinflussen.
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