pop art herz gehirn

Liebe ist eine Art Emotionsspirale, in der unterschiedlichste Gehirnareale involviert sind.

Diese Areale stoßen Botenstoffe aus, welche im Blutstrom Rezeptoren des gesamten Körpers erreichen können. Die körpereigenen Hormon-Prozesse ändern sich zudem im Laufe der Zeit. Liebe ist also, formal betrachtet, eine biochemische Erkrankung unseres Wahrnehmungsvermögens – eine Art „Mikroparanoia“, deren Zustand bis zu einem Jahr anhalten kann. Wer sich verliebt, ist oftmals bereit alles aufzugeben und etwas ganz neues aufzubauen. Das ist der evolutionäre Grundpfeiler unserer Paarfindung. Der englische Schriftsteller William Somerset Maugham (1874-1956) schrieb „Es war unwiderstehlich, der Geist konnte nicht dagegen ankämpfen, und Freundschaft, Dankbarkeit und Interessen besitzen daneben keine Macht„. Doch manchmal scheitert sogar diese Unwiderstehlichkeit  – die Gründe dafür sind vielfältig. So formulierte Berthold Auerbach „Eine Idee muss Wirklichkeit werden können, oder sie ist nur eine eitle Seifenblase.“ Und die harte Realität zeigt, dass Beziehungen mitunter ebenso brüchig sein können wie politische Versprechen. Dabei ist die Trennung von einem geliebten Menschen für die meisten von uns nicht leicht zu verkraften. Für viele Verlassene ist es nur schwer zu ertragen, sich in einem Menschen getäuscht zu haben. Die meisten von uns reagieren mit leugnendem Trotz, heißer Wut, intensiver Trauer und vorsichtiger Akzeptanz, bevor sie bereit sind, eine Trennung zu überwinden – aber wieso eigentlich? Was löst die, manchmal extrem destruktive, Gefühlsspirale in uns aus und was bewirken diese Phasen der emotionalen Achterbahnfahrt? Kurz gesagt: Was geschieht mit uns, wenn wir Liebeskummer empfinden?

Schuld an der oft beschriebenen inneren Leere, Trauer und Hilflosigkeit, die Liebeskummer begleitet, sind die gleichen biochemischen Botenstoffe wie zuvor – Adrenalin, Serotonin, Endorphin und Dopamin. Wenn wir uns verlieben bekommen wir zunächst zu viele Glückshormone. Wenn wir uns dann trennen wiederum zu wenige. Sobald das Versorgungssystem zwischen Dopamin und Neuronen versiegt, vermissen wir diese Stoffe. Im Anfangsstadium einer neuen Beziehung, steigt zudem der Serotoninspiegel. Bei Verliebten ist dabei kein permanenter Serotonin-Strom erkennbar, wie er normalerweise ausgeschüttet wird, sondern ein ansteigen in Wellenlinien, was uns wagemutig bis leichtsinnig werden lässt. Liebe macht tatsächlich blind. Serotonin wird zwar auch als Glückshormon bezeichnet, ist jedoch in Wahrheit ein Neurotransmitter. Etwa 10mg Serotonin entsprechen dem körpereigenen Normalwert, wobei eine Unterschreitung dieses Levels zu schlechter Laune führt. Auch Appetit und Scherzempfinden sind an den Serotoninspiegel gekoppelt. Bei anhaltendem Serotoninmangel können sich Minderwertigkeitsgefühle, Depressionen oder Angststörungen manifestieren. Serotonin kann nur vom Körper selbst hergestellt werden, solange dieser die Aminosäure Tryptophan als Grundbaustein bekommt. Das wiederum wird mit der Nahrung aufgenommen. Obst, Milchreis und gerade Schokolade enthalten diesen Grundbaustein und helfen uns daher über Frustphasen hinweg. Bei einer Störung des Serotoninspiegels kann oftmals nur noch psychiatrische Hilfe konsultiert werden, um medikamentös auszugleichen. Bei Trennungsschmerz ist dies meist nicht notwendig. Auch wenn Liebeskummer echte physische Folgen haben kann (Broken-Heart-Syndrom), besteht keine Gefahr sich mit einer missglückten Beziehung den körpereigenen Haushalt an Glückshormonen zu zerschießen.

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Plötzlicher Liebesentzug gleicht in seinen Symptomen dennoch einem kalten Drogenentzug. Das Belohnungszentrum im Gehirn kann nicht mehr aktiviert werden, was einen Dopamin-Mangel hervorruft. Das gehemmte Freudenareal, welches auch unsere Motivation steuert, macht uns antriebslos und traurig. Mit der Zeit bilden sich die, bisher in Fülle ausgeschütteten Botenstoffe zurück, und das Unterbewusstsein kann den Trennungsverlust überwinden, sobald sich die Nervenzellen wieder auf die reguläre Menge an Serotonin gewöhnt haben. Der Schlüssel liegt hier in der Abstinenz. Ständiger Kontakt mit dem ehemaligen Partner verlängert die Schmerzphase erheblich. Der radikale Liebesentzug ist somit ratsamer, als das Gefühl des Serotoninmangels immer wieder zu durchleben. Experten raten Betroffenen zudem, sich mit den negativen Gefühlen einer Trennung auseinanderzusetzen, um sie damit aktiv zu verarbeiten, anstatt sie nur zu verdrängen. Alkohol oder Pharmazie heben zwar kurzfristig den Serotoninspiegel an, was jedoch bedeutet, dass man an genau den Rezeptoren im Gehirn kitzelt, die während einer Trennung eigentlich heruntergefahren werden müssen. Experten raten also nicht ohne Grund davon ab, Liebeskummer in Alkohol zu ertränken. Aber wie schon gesagt, können Stimmungstiefs trotzdem mit Eiscreme und Schokolade behandelt werden. Die Faustregel lautet: „Fühlen Sie sich nicht willenlos. Was sie spüren sind nur biochemische Prozesse“. Und diese Prozesse sind von Mensch zu Mensch – sogar von Beziehung zu Beziehung – unterschiedlich. In welchem Ausmaß wir also nach einer Trennung trauern, hängt von unserer persönlichen Disposition ab; Von unserem bisherigen Erfahrungsschatz, dem Empathie-Level, unserem Selbstwertgefühl und der Art, wie wir mit Verlusten umgehen.

Grundsätzlich ist unser Verhalten evolutionär verankert. Es stammt aus der Zeit unserer Menschwerdung, als wir noch in Kleingruppen zusammenlebten. Die Gruppe bot Schutz, Obdach, Nahrung und sicherte damit das Überleben. Ein Leben außerhalb dieses Sozialgefüges konnten wir uns zu diesem Zeitpunkt der Evolution schlichtweg nicht leisten. Eine starke emotionale Bindung fördert, damals wie heute, den Gruppenzusammenhalt und Liebeskummer dient (evolutionär betrachtet) als eine Schutzfunktion, um den eigenen Mitgliederstatus in der Gruppe nicht zu gefährden. Was uns heute weinen und leiden lässt, war einst überlebensnotwendig – zumal sich auch andere Ur-Ängste generational weitervererbt haben.

Enttäuschte Liebe löst noch lange nach einer Trennung Adrenalin-Ausschüttungen aus, auch wenn man nur an den Partner denkt. Statistisch betrachtet neigen Männer eher dazu, ihren Kummer zu verdrängen, während Frauen ihn öfter emotional verarbeiten. Männern gelingt es daher schon nach durchschnittlich 1,5 Jahren, sich emotional von einer Beziehung zu lösen, die über 6 Jahre anhielt. Frauen können nach einer solchen Langzeitbeziehung doppelt so lange brauchen, bis die Rezeptoren im Gehirn den Serotonin-Mangel nicht mehr als solchen empfinden. Aber auch im Trennungsstadium können wir mit geplanten Strategien positiv einwirken. Immerhin sind wir ja die Gebieter unseres Verstandes und wenn wir manchmal an uns selbst scheitern, dann oftmals, weil wir nicht verstehen wie genau wir funktionieren. Die altbewährten Tricks kennt jede Frauenzeitschrift und alle Trennungsratgeber beten sie in regelmäßigen Abständen erneut vor. Distanzieren Sie sich von alten Fotos, Liebesbriefen &Co., welche die emotionalen Belastungen nur verlängern. Vergessen Sie hier auch bitte nicht die mobilen Daten aus trauter Zweisam-Zeit. Meiden Sie ehemals gemeinsame Plätze und generell alles, was an die alte Vertrautheiten erinnert. Vom Aftershave-Geruch an seinem alten Hemd bis hin zum vertrauten Klang der Kirchenglocken auf dem Marktplatz, wie sie beim ersten Date ertönten – alles in unserer Umgebung ruft nach einer Trennung unterbewusst Erinnerungen wach, die erneut die Emotionsspirale triggern können. Wenn wir uns dann wachrufen, dass unser Verlangen unbeantwortet bleiben wird, bleibt der Serotoninstrom aus und das Belohnungszentrum im Gehirn geht leer aus, was uns emotional enttäuscht. Aktiv können wir dies nicht steuern, wir werden einfach traurig und wissen oftmals selbst nicht, wieso wir uns gerade nicht mehr unter Kontrolle haben. Im Grunde tun wir uns selbst also nur unnötig damit weh, wenn wir zu lange an Unwiederbringlichem festhalten.

Stattdessen haben viele Menschen nach einer Trennung positive Erfahrungen damit gemacht, dass eine zeitliche Umstellung ihres Tages- oder Wochenplans wahre Wunder auf dem Weg in einen neuen Lebensabschnitt bewirken kann. Erfüllen Sie sich zudem einen langersehnten Wunsch. Ein neues Hobby, eine Reise, die sie immer schon machen wollten oder lernen Sie eine neue Sprache. Was hindert Sie daran, aus Ihrem bisherigen Trott auszubrechen? Viele Beziehungen enden ohnehin im Scherbenhaufen zertrümmerter Pläne. Aber auch das schmerzhafteste Ende bietet uns oftmals die Chance auf einen Neuanfang.

Quellenverzeichnis:

(Bode/Krüger/Raabe/Zirwes-2000)

Bode, A., Krüger J., Raabe, H., Zirwes, C. „Die Biochemie der Liebe – ein Hormon-Ratgeber“ Quarks&Co. WDR Köln 2000.

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